Weitwinkelobjektiv – Vorteile und Tipps

Weitwinkelobjektiv

Weitwinkelobjektive gehören nicht unbedingt zu den ersten Anschaffungen, wenn man in die Fotografie einsteigt. In der Regel holt man sich einen Standard-Zoom „Kit-Objektiv“ mit einem Brennweitenbereich von 18-55 mm (oder etwas Ähnlichem). Danach folgen Tele-Objektiv und vielleicht ein 50mm-Obkejtiv. Dabei ist ein Weitwinkelobjektiv wirklich sehr cool!

Was ist ein Weitwinkelobjektiv?

Objektive mit einer sehr kurzen Brennweite werden Weitwinkelobjektive genannt. Dazu gehört der Brennweitenbereich von etwa 10mm bis ca. 35mm. Es gibt sowohl feste Brennweiten als auch Weitwinkel-Zooms mit variablen Brennweiten. Eine kurze Brennweite macht dabei Aufnahmen mit einem größeren Bildwinkel als das menschliche Auge (50mm entsprechen in etwa dem menschlichen Blickwinkel von etwa 45°).

Weitwinkelobjektive lassen sich grob in vier Klassen aufteilen:

  • Leichter Weitwinkel: 35 mm
  • Normaler Weitwinkel: 28 mm
  • Starker Weitwinkel: 24 mm
  • Ultraweitwinkel: 20 mm und weniger

Ein Objektiv mit einer Brennweite von 45 bis 60 mm bezogen auf das Kleinbildformat wird als Standard- oder Normalobjektiv bezeichnet. Beim Blick durch den Sucher nimmt der Fotograf die Welt perspektivisch in etwa so wahr, wie durch die eigenen Augen. Der Bildwinkel beträgt circa 51 bis 40°. Das Gesichtsfeld – also das, was beide Augen als optische Reize wahrnehmen – ist mit horizontal bis etwa 180° allerdings deutlich größer als der Bildwinkel des Normalobjektivs. Das menschliche Sichtfeld entspricht somit mehr dem Bildwinkel eines Weitwinkelobjektivs.

Dabei gilt die folgende Regel: Je kleiner die Brennweite, desto höher der Bildwinkel. Befindet sich der Fotograf nahe am Objekt, bekommt er zum Beispiel mit einem 24mm-Weitwinkel deutlich mehr aufs Bild als mit einem 35mm-Objektiv. Das kennt jeder, der schon einmal versucht hat, mit einer herkömmlichen Kompaktkamera Gruppenbilder im engen Wohnzimmer zu machen: Mit kleinerem Brennweiten-Wert ist es einfacher, mehr Personen aufs Bild zu bekommen.

Argumente für Weitwinkelobjektive

Natürlich ist eine Brennweite wie z.B. 18-55 mm sehr vielseitig und gehört zum Standard-Equipment.  Aber als zweites Objektiv in der Tasche sollte man dem Weitwinkel eine Chance geben. Klar, das Fotografieren im Weitwinkelbereich ist gewöhnungsbedürftig und erfordert eine andere Technik als „normale“ Brennweiten.

Vorteil Weitwinkelobjektive: mehr Schärfentiefe

Fast alle Fotografen haben eine Schwäche für Bokeh („unscharf, verschwommen“). Sieht schon sehr cool aus, wenn der Hintergrund in Unschärfe verschwindet und der Fokus auf dem Objekt liegt.

Weitwinkelobjektive hingegen weisen sogar bei einer kleinen Blende mehr Tiefenschärfe auf als Tele- und Standard-Objektive. Eine hohe Tiefenschärfe ist beispielsweise bei Landschaftsfotos oder Street-Fotografie wichtig. Immer wenn es darum geht, alles im Bild scharf abzubilden – von Vordergrund bis Hintergrund – ist ein Weitwinkelobjektiv von großem Nutzen. In Kombination mit der perspektivischen Verzerrung machen Weitwinkel-Aufnahmen deswegen häufig einen Eindruck von großer Tiefe im Bild.

Mehr Vordergrund mit Weitwinkelobjektiven

Grundsätzlich sollten eine gute Bildkomposition in Vordergrund, Mittelebene und Hintergrund eingeteilt werden. Das Motiv an sich kann sich dabei im Vordergrund oder im Mittelgrund befinden. In jedem Fall wird die Bildwirkung von dem groß im Vordergrund zu sehenden Objekt bestimmt. Daraus lässt sich die Regel ableiten, dass kleine Objekte mit einem Weitwinkel groß in Szene gesetzt werden können. Begünstigt wird dies durch die geringe Naheinstellgrenze vieler Weitwinkelobjektive (zum Beispiel < 5 cm). Bei dieser Art von Fotos ist es generell ratsam, einen möglichst niedrigen Kamerastandpunkt zu wählen. Lege Dich auf den Bauch oder verstelle das Stativ entsprechend. Nun betrachtet man das Geschehen aus der Froschperspektive und die Aufnahme wird richtig spannend. Als Hintergrund empfehlen sich Flächen mit relativ gleichmäßiger Farbverteilung. Sonst wird das Bild zu unruhig, und all die schönen Details im Vordergrund verlieren ihre Dominanz.

Schräge Perspektiven: Mehr Dynamik im Bild durch Verzerrungen

Wie oben bereits angedeutet, bringt ein Perspektivwechsel oft Leben in das Bildmotiv. So kann man Größenunterschiede und gewollte Verzerrungen erreichen. Ein Beispiel: wenn Kinder von schräg oben fotografiert werden, ist das Ergebnis recht interessant. Der Kinderkopf erscheint nun noch näher, denn die Stirn und die Augen sehen im Vergleich zu den Schultern zu groß aus. Für den Betrachter wirkt das Motiv in etwa so, als sei es durch einen Türspion aufgenommen worden. Je kleiner die Brennweite, desto schräger die Verzerrungen.

Weitwinkelobjektiv für Landschaftsfotografie

Weitwinkelobjektiv

Objektive mit einer kleinen Brennweite sind besonders gut geeignet für die Landschaftsfotografie. Es passt deutlich mehr auf das Bild, so dass ein besonderer Eindruck von Weite erzeugt wird. Zudem bekommt man eine hohe Schärfentiefe, dass den diesen Effekt noch verstärkt.

Zudem hilft bei Landschaftsaufnahmen ein Element im Vordergrund, um Größenverhältnisse besser darstellen zu können. Bei Landschaftsfotografie mit einem Weitwinkelobjektiv spielt die Lichtstärke dagegen meistens keine große Rolle.

Weitwinkelobjektiv für Architekturaufnahmen

Weitwinkelobjektiv

Bei Architekturaufnahmen (innen und außen) führt kein Weg vorbei an einem Weitwinkelobjektiv. Denn in den meisten Fällen will man das ganze Gebäude bzw. so viel vom Innenraum wie möglich fotografieren. Hinzu kommt, dass mit einer längeren Brennweite oft nicht ausreichend Platz vorhanden ist, um genügend Abstand zum Motiv zu bekommen. Und selbstverständlich soll die Aufnahme eine hohe Schärfe bzw. eine große Schärfentiefe haben.

Weitwinkel Portraitfotos

Okay, für Headshots ist eine kurze Brennweite nicht unbedingt geeignet. Das Gesicht wird verzerrt und wirkt hager, die Nase wird überdimensional groß. Lässt man jedoch ausreichend Abstand zur Person, treten diese Probleme nicht auf. Drüber hinaus fängt die kurze Brennweite die Umgebung des Models ein und ist eine effektive Möglichkeit, um eine Geschichte über die Person zu erzählen.

Besonderheiten von Weitwinkelobjektiven

  • Die Schärfentiefe ist sehr groß – d.h. der komplette Bereich vom Vorder- bis zum Hintergrund ist scharf.
  • Der Bildwinkel ist größer – d.h. es passt mehr auf das Bild.
  • Die Verwacklungsgefahr ist kleiner – d.h. es sind relativ lange Verschlusszeiten bei Freihandaufnahmen möglich.
  • Die Objekte im Vordergrund werden überproportional groß abgebildet – d.h. Entferntes wird sehr klein dargestellt.
  • Dadurch wird die Tiefenwirkung im Bild gesteigert.
  • Wenn die Kamera wird, werden senkrechte Linien verzerrt dargestellt („stürzende Linien“).

Einfache Tipps für das Fotografieren mit einem Weitwinkel

  • Halte die Kamera soweit möglich gerade, um stürzende Linien zu vermeiden.
  • Benutze Polfilter für besonders eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen.
  • Konzentriere dich auf die wesentlichen Elemente – auch wenn die Versuchung groß ist, möglichst viel auf das Bild zu packen.
  • Beachte besonders bei kurzen Brennweiten die Grundregeln der Bildgestaltung (z.B. die Drittel Regel).
  • „Vordergrund macht Bild gesund“ – binde den Vordergrund ein, um eine dramatische Tiefenwirkung zu erzielen.
  • Vermeide wegen der starke Verzerrung Personen an den Bildrändern.

Die genannten Einsatzgebiete und Vorteile sind gute Gründe, um sich ein Weitwinkelobjektiv zu kaufen. Aufgrund der Eigenheiten von einer kurzen Brennweite ist das Fotografieren „anders“ als bei Standardobjektiven. Nichtsdestotrotz kann man mit einem Weitwinkelobjektiv sehr spannende Fotos machen und die eigene Kreativität in unterschiedlichen Aufnahmesituationen auf die Probe stellen.

3 Kommentare zu „Weitwinkelobjektiv – Vorteile und Tipps“

  1. Cooler Artikel, gibt einen schönen Überblick über Weitwinkelobjektive!
    Bin derzeit auch am überlegen, ob ich mir wieder einen Weitwinkelzoom hole (das Tamron 17-28 F 2.8).
    Ich glaube lang dauert es nicht mehr!

    Liebe Grüße, Eike

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