Abbildungsfehler in der Fotografie

Abbildungsfehler Fotografie

Kennt ihr das? Ihr schaut euch ein frisch geschossenes Foto an, freut euch auf den perfekten Shot – und dann: Farbsäume an den Kanten, dunkle Ecken oder seltsam gekrümmte Linien. Willkommen in der Welt der Abbildungsfehler!

Aber keine Sorge: Fast jede Linse hat ihre Macken. Das gehört zur Fotografie dazu. Hier zeige ich euch, welche Abbildungsfehler es gibt, warum sie entstehen und wie ihr sie entweder vermeidet oder später ganz entspannt korrigieren könnt.

Was sind eigentlich Abbildungsfehler?

Kurz gesagt: Abbildungsfehler sind Abweichungen vom „perfekten“ Bild.
Lichtstrahlen sollen eigentlich punktgenau auf dem Sensor landen – tun sie aber nicht immer.
Glas ist halt nicht perfekt, und je nach Bauart eines Objektivs entstehen dabei optische Fehler.Selbst die teuersten Profi-Objektive sind nicht völlig frei von Abbildungsfehlern. Aber: Sie sind so gut konstruiert, dass die meisten Fehler kaum ins Auge fallen.

Chromatische Aberration – wenn Farben auseinanderlaufen

Chromatische Aberration ist einer der bekanntesten Abbildungsfehler und besonders in Situationen mit starken Helligkeitskontrasten gut sichtbar – etwa bei Ästen vor einem hellen Himmel, Architekturaufnahmen oder metallischen Oberflächen im Sonnenlicht. Sie äußert sich in Form von farbigen Säumen entlang kontrastreicher Kanten: typischerweise magentafarben, violett, grün oder blau.

Die physikalische Ursache für chromatische Aberration

Die Ursache liegt in der Natur des Lichts selbst. Weißes Licht setzt sich aus verschiedenen Wellenlängen zusammen (Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Violett). Glaslinsen haben jedoch die Eigenschaft, Licht unterschiedlicher Wellenlängen unterschiedlich stark zu brechen – ein Phänomen, das man als Dispersion bezeichnet.

Da jede Wellenlänge einen leicht anderen Brechungsindex hat, treffen die einzelnen Farben das Aufnahmemedium nicht exakt auf dem gleichen Punkt. Besonders deutlich wird das bei einfachen Linsenkonstruktionen oder bei weit geöffneter Blende.

Man unterscheidet dabei zwei Arten:

  • Laterale (transversale) chromatische Aberration:
    Farbsäume an den Bildrändern, weil unterschiedliche Farben unterschiedlich stark zur Bildachse hin gebrochen werden.
  • Axiale (longitudinale) chromatische Aberration:
    Hierbei liegt die Schärfeebene der Farben unterschiedlich weit hinter dem Objektiv. Besonders sichtbar bei starken Kontrasten in der Bildmitte.

Wann tritt Chromatische Aberration besonders auf?

  • Bei weit geöffneter Blende (kleine Blendenzahl)
  • An Kontrastkanten (z.B. Himmel-Baum-Kombinationen)
  • Bei günstigen Zoomobjektiven mit einfacher Konstruktion
  • Im extremen Telebereich oder bei extremen Weitwinkelobjektiven

Lösungen: So korrigierst oder vermeidest du Chromatische Aberration

1. Hochwertige Objektive verwenden
Investiere in gut korrigierte Linsen, die schon konstruktiv Dispersion ausgleichen. Besonders Festbrennweiten oder professionelle Zooms haben hier Vorteile.

2. Blende schließen
Das Abblenden um ein bis zwei Stufen reduziert die chromatische Aberration deutlich, da bei kleineren Blendenöffnungen der Lichtstrahl konzentrierter durch die Mitte der Linse geführt wird – wo die optischen Fehler geringer sind.

3. Software-basierte Korrektur
In der Nachbearbeitung lässt sich Chromatische Aberration sehr gut korrigieren. Fast alle modernen RAW-Converter wie Adobe Lightroom, Capture One oder DxO PhotoLab bieten automatische Erkennung und Entfernung von Farbsäumen.

Tipp: In Lightroom findest du die Funktion unter „Objektivkorrekturen“ → „Chromatische Aberration entfernen“. Für besonders hartnäckige Fälle kannst du sogar manuell die Farbbereiche für Korrekturen justieren.

4. Objektivprofile aktivieren
Viele Kameras und RAW-Programme arbeiten mit hinterlegten Profilen der Objektive. Diese Profile erkennen typische Fehlerbilder und korrigieren sie automatisch. Besonders praktisch für Fotografinnen und Fotografen, die schnell arbeiten wollen.

5. Fokuspunkt überdenken
Bei axialer chromatischer Aberration kann es helfen, den Fokus leicht zu verschieben, da die verschiedenen Farben auf unterschiedlichen Schärfeebenen liegen. Im Makro- oder Portraitbereich kann so die Wirkung deutlich minimiert werden.

Bonus-Tipp: Wenn du manuell fotografierst und keine direkte Korrektur möglich ist, kannst du auch bewusst auf monochrome Motive setzen – denn ohne Farbinformation fällt die chromatische Aberration natürlich nicht ins Gewicht.

Verzeichnung (Verzerrung) – wenn gerade Linien plötzlich Kurven schlagen

Verzeichnung, auch als Verzerrung bekannt, ist einer der auffälligsten Abbildungsfehler, vor allem dann, wenn wir es mit geraden Linien im Motiv zu tun haben. Besonders Architekturfotograf:innen und alle, die mit klaren Strukturen arbeiten, kennen das Phänomen: Wände, Fensterrahmen oder der Horizont verlaufen im Bild plötzlich nicht mehr gerade, sondern biegen sich nach außen oder innen.

Abbildungsfehler – die physikalische Ursache für Verzeichnung

Verzeichnung entsteht durch die geometrische Anordnung der Linsen im Objektiv und ist streng genommen kein Abbildungsfehler im klassischen, physikalischen Sinne (wie chromatische Aberration), sondern eine perspektivische Verzerrung durch den Bildaufbau.

Grundsätzlich wird das Licht durch das Linsensystem nicht proportional zum Abstand zur optischen Achse gebrochen. Besonders bei Objektiven mit großer Bildwinkelabdeckung, wie Ultraweitwinkel- oder Fisheye-Objektiven, werden die Bildpunkte nicht linear auf dem Sensor abgebildet.

Man unterscheidet dabei hauptsächlich drei Typen der Verzeichnung:

  • Tonnenverzeichnung
    Gerade Linien biegen sich nach außen, wie bei einem aufgespannten Fass. Besonders häufig bei Weitwinkelobjektiven.
  • Kissenverzeichnung
    Linien biegen sich nach innen, als würde das Bild in der Mitte eingesaugt. Häufig bei günstigen Telezooms.
  • Moustache-Verzeichnung (Wellen- oder komplexe Verzeichnung)
    Eine Kombination aus beiden: In Bildmitte leichte Kissenverzeichnung, am Rand Tonnenverzeichnung. Vor allem bei Ultraweitwinkeln zu finden.

Expertenwissen: Zoomobjektive leiden tendenziell stärker unter Verzeichnung als Festbrennweiten, weil die flexible Linsenanordnung für die Brennweitenverstellung Kompromisse in der optischen Korrektur bedeutet.

Wann tritt Verzeichnung besonders auf?

  • Bei extremen Brennweiten (Ultraweitwinkel oder Telebereich)
  • Bei Zoomobjektiven im unteren oder oberen Brennweitenbereich
  • In Motiven mit vielen geraden Linien (Architektur, Innenräume, Stadtlandschaften)
  • Bei Fisheye-Objektiven ist die Verzeichnung gewollt und Teil des kreativen Effekts

Lösungen: So gehst du mit Verzeichnung souverän um

1. Korrektur direkt in der Kamera aktivieren
Viele moderne Kameras bieten heute schon eine integrierte Objektivprofil-Korrektur, die die Verzeichnung automatisch reduziert – besonders praktisch bei JPEG-Aufnahmen. RAW-Dateien bleiben unverändert, aber auch hier profitieren Programme später von denselben Profilinformationen.

2. Nachbearbeitung in der Software
Professionelle Tools wie Adobe Lightroom, Capture One oder DxO PhotoLab haben eine exzellente Profilbibliothek für tausende Objektive. Diese Profile erkennen die typischen Verzeichnungen des verwendeten Objektivs und gleichen sie präzise aus.

Tipp: In Lightroom findest du die Funktion unter „Objektivkorrekturen“ → „Profilkorrekturen aktivieren“. Das Programm erkennt dabei in den meisten Fällen dein Objektiv automatisch.

3. Bildausschnitt bewusst wählen
Schon bei der Aufnahme kannst du Verzeichnungen abschwächen, indem du die Bildmitte bevorzugst und wichtige Linien aus den Randbereichen heraushältst. Auch leichtes Zoomen innerhalb eines Zoomobjektivs hilft oft, die Problemzonen zu vermeiden.

4. Festbrennweiten einsetzen
Festbrennweiten sind optisch einfacher aufgebaut und weisen meist eine geringere Verzeichnung auf als Zoomobjektive. Besonders im Weitwinkelbereich lohnt sich die Investition in hochwertige Festbrennweiten.

5. Kreativer Umgang mit Verzeichnung
Manchmal kann man den Effekt auch gezielt als Stilmittel nutzen. Ein dramatisch verzerrtes Bild vermittelt Dynamik und Energie – gerade in der Streetfotografie oder bei actionreichen Motiven.

Info: Verzeichnung vs. Perspektive

Häufig wird die Verzeichnung mit der perspektivischen Verzerrung verwechselt, bei der Linien konvergieren (z.B. wenn man ein Gebäude von unten fotografiert). Perspektivische Verzerrungen entstehen durch die Kameraposition, nicht durch das Objektiv. Diese lassen sich später per Perspektivkorrektur in der Software oder durch Tilt-Shift-Objektive ausgleichen.

Verzeichnung gehört zu den „klassischen“ Objektivschwächen, die heute dank moderner Technik gut beherrschbar sind. Wer sie erkennt und versteht, kann sie vermeiden oder mit wenigen Klicks in der Nachbearbeitung korrigieren – oder kreativ einsetzen, wenn es zum Bildstil passt. So oder so: Verzeichnung ist kein Grund, ein Bild gleich auszusortieren.

Abbildungsfehler Vignettierung – dunkle Ecken im Bild

Vignettierung ist wahrscheinlich einer der bekanntesten und zugleich zwiespältigsten Abbildungsfehler: Manche Fotograf:innen versuchen, sie zu vermeiden – andere fügen sie sogar absichtlich hinzu, weil sie dem Bild eine sanfte Fokussierung auf das Motiv verleiht.

Vignettierung beschreibt die sichtbare Abdunkelung der Bildecken im Vergleich zur helleren Bildmitte. Dieser Effekt kann subtil sein oder auch sehr ausgeprägt auftreten – je nach Objektiv, Aufnahmeeinstellungen und Motiv.

Die physikalische Ursache für Vignettierung

Vignettierung entsteht auf unterschiedliche Weisen:

  1. Optische Vignettierung
    Hier wird das Licht durch die Konstruktion des Objektivs abgeschattet – besonders bei lichtstarken Objektiven mit großer Blendenöffnung. Lichtstrahlen aus den Randbereichen des Bildkreises treffen dabei schräger auf den Sensor und werden teilweise durch Fassungselemente des Objektivs blockiert.
  2. Mechanische (bauliche) Vignettierung
    Diese entsteht, wenn Zubehör wie Filter, Gegenlichtblenden oder zu kleine Filteradapter den Rand des Bildfeldes abschatten. Gerade bei Weitwinkelobjektiven ist das ein häufiger Fehler.
  3. Natürliche Vignettierung (natürlicher Lichtabfall)
    Auch ohne bauliche Abschattung fällt das Licht zu den Bildrändern hin automatisch schwächer aus, weil der Weg des Lichts länger wird und es flacher auf den Sensor trifft. Besonders bei großformatigen Sensoren sichtbar.

Expertenwissen: Besonders auffällig ist die Vignettierung bei lichtstarken Objektiven, die mit weit geöffneter Blende genutzt werden. Bei f/1.4 oder f/1.2 ist die Vignettierung praktisch unvermeidlich – sie wird aber durch Abblenden drastisch reduziert.

Wann tritt Vignettierung besonders auf?

  • Bei Verwendung großer Blendenöffnungen (kleine Blendenzahl, z.B. f/1.4)
  • Bei Weitwinkelobjektiven
  • Bei Einsatz von Filtern mit zu geringem Durchmesser oder Filterstapelungen
  • Bei Vollformatsensoren stärker sichtbar als bei APS-C oder Micro Four Thirds
  • Bei preisgünstigen Zoomobjektiven, insbesondere am unteren Ende der Brennweite

Lösungen: So gehst du mit Vignettierung professionell um

1. Blende schließen
Durch leichtes Abblenden um ein bis zwei Stufen (z.B. von f/1.4 auf f/2.8) lässt sich die optische Vignettierung signifikant reduzieren. Die Lichtstrahlen werden enger geführt, und die Ränder erhalten mehr gleichmäßiges Licht.

2. Objektivprofile in der Nachbearbeitung nutzen
RAW-Entwickler wie Lightroom oder Capture One erkennen viele Objektive automatisch und gleichen die Vignettierung präzise aus. Dabei wird der Helligkeitsabfall an den Ecken elektronisch korrigiert.

Tipp: In Lightroom findest du diese Einstellung unter „Objektivkorrekturen“ → „Profilkorrekturen aktivieren“. Dort wird die Vignette automatisch angepasst, und du kannst zusätzlich manuell nachregeln.

3. Objektivfilter achtsam wählen
Verwende hochwertige Slim-Filter, die speziell für Weitwinkelobjektive konstruiert wurden. Sie minimieren die Gefahr der mechanischen Abschattung. Besonders bei gestapelten Filtern (z.B. ND + Polfilter) solltest du aufmerksam sein.

4. Motivgestaltung berücksichtigen
Wenn du weißt, dass dein Objektiv zur Vignettierung neigt, kannst du dein Hauptmotiv bewusst in die Bildmitte legen. So nutzt du die Helligkeit des Zentrums optimal aus.

5. Kreativer Einsatz statt Korrektur
Vignettierung ist nicht nur ein Fehler – sie kann auch als gezielt zur Bildgestaltung eingesetzt werden! Viele Porträt- und Landschaftsfotograf:innen setzen eine sanfte Vignette gezielt ein, um die Bildwirkung zu verstärken und den Blick der Betrachtenden ins Zentrum zu lenken.

6. Im Zweifelsfall: Komposition statt Korrektur
Manchmal lohnt es sich, die Vignettierung bewusst zu akzeptieren und die Bildkomposition so zu wählen, dass sie die Wirkung des Bildes sogar unterstützt – insbesondere bei Porträts oder stimmungsvollen Landschaften.

Info: Vignettierung als kreativer Effekt

Viele Bildbearbeitungsprogramme erlauben es, eine künstliche Vignettierung hinzuzufügen. Dies kann helfen, die Bildstimmung zu verstärken oder eine gewisse Retro-Ästhetik zu erzielen.

Vignettierung ist ein Klassiker unter den Abbildungsfehlern – und gleichzeitig eines der besten Werkzeuge für kreative Bildgestaltung, wenn man sie richtig einsetzt.

Abbildungsfehler – zwischen Präzision und kreativer Freiheit

Abbildungsfehler sind in der Fotografie unvermeidbar – so ehrlich muss man sein. Selbst bei High-End-Objektiven, die fünfstellige Summen kosten, sind sie technisch zwar hervorragend kontrolliert, aber nie vollständig eliminiert. Doch genau hier liegt die wahre Stärke als Fotograf:in – nicht in der Jagd nach technischer Perfektion um jeden Preis, sondern im bewussten Umgang mit den Eigenheiten unserer Werkzeuge.

Die Kenntnis über optische Fehler wie chromatische Aberration, Verzeichnung oder Vignettierung gibt dir die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob du sie korrigieren oder gezielt als Stilmittel einsetzen möchtest. In der Praxis bedeutet das: Du bist nicht länger vom „perfekten“ Equipment abhängig, sondern nutzt dein Wissen, um auch aus vermeintlichen Schwächen gestalterische Stärken zu machen.

Gerade in Zeiten hochentwickelter Softwarelösungen und integrierter Korrekturen in Kamera und Nachbearbeitungstools wird die Grenze zwischen Fehler und Gestaltungsmittel immer fließender. Eine leichte Vignette kann einem Porträt Tiefe verleihen, minimale Verzeichnung erzeugt Spannung in der Bildkomposition, und selbst die berüchtigte chromatische Aberration kann in Vintage-Looks bewusst Teil der Ästhetik sein.

Mein Tipp für dich ist deshalb ganz klar – beschäftige dich mit deinem Equipment, erkenne seine Stärken und Schwächen, und lerne, sie zu deinem Vorteil einzusetzen. Ein technisch „perfektes“ Bild mag bewundernd betrachtet werden, aber ein Bild mit Charakter, das Emotionen transportiert und deinen persönlichen Stil widerspiegelt, bleibt im Gedächtnis.

Am Ende des Tages bleibt die wichtigste Erkenntnis. Fotografie ist immer eine Kombination aus Technik und Kreativität. Je besser du die technischen Grundlagen verstehst, desto freier bist du in deinem künstlerischen Ausdruck. Und genau das macht die Magie hinter jedem Bild aus. Also: Lass dich nicht verunsichern, wenn dein Bild mal nicht zu 100 % frei von Abbildungsfehlern ist. Vielleicht ist es genau das Quäntchen Unperfektheit, das es besonders macht.

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