Halfeti – die versunkene Stadt. Mein Besuch in Halfeti war eher zufällig. Eigentlich waren wir mit Freunden von Adana in Richtung Gaziantep unterwegs. Nachdem wir aber beide Autobahnausfahrten in die Stadt verpasst hatten und die nächste wieder in 15 Kilometern war, sind wir einfach weitergefahren. Das Verfahren nach Halfeti hat sich aber auf jeden Fall gelohnt!
Halfeti ist ein Bezirk in der Provinz Sanliurfa. Er ist einer der ungewöhnlichsten Orte in der Türkei, denn die Altstadt ist nach dem Bau eines Staudamms größtenteils im Wasser versunken. Aber auch wenn ein Teil von Halfeti unter Wasser liegt, birgt die Stadt ein reiches kulturelles Erbe und Schönheiten, die einem verborgenen Paradies gleichen. Außerdem gibt es in Halfeti eine besondere Rosenart, die Schwarze Rose, auch bekannt als die Rose des „weinenden arabischen Mädchens“. Sie blüht im Frühling und im Herbst.
Anreise in die Stadt unter Wasser (Türkei)
Von Gaziantep nach Halfeti sind es ungefähr 100 Kilometer, die Fahrt sehr angenehm. Die Stadt mit 40.000 Einwohnern liegt am Ufer des Euphrats (türkisch Firat) und ist ein Landkreis von Sanliurfa. Interessent ist insbesondere die Kreisstadt Eski Halfeti (türkisch für Alt-Halfeti). Als Folge des Südostanatolien-Projekts im Jahre 1999 wurde die Stadt zu einem Großteil vom Euphrat überflutet. Etwa 80 Prozent der Stadt liegt seitdem unter Wasser und bietet den Besuchern ein unvergleichbares Erlebnis.
Halfeti Geschichte
Die Gründung der Stadt geht auf das 9. Jahrhundert v. Chr. zurück, als sie von den Assyrern unter dem Namen Sitamrat besiedelt wurde. Während der Römerzeit gab es hier eine Siedlung mit dem Namen Akamai, die später in Koyla umbenannt wurde. Nach der römischen Herrschaft beherrschten die Sassaniden, Araber, Umayyaden und Abbasiden das Gebiet zwischen dem 6. und 8. Im 11. Jahrhundert eroberten die Seldschuken und im 16. Jahrhundert die Osmanen das Gebiet.
Halfeti – die versunkene Altstadt und die bewohnte Neustadt
Heute ist Halfeti in zwei Teile geteilt: Die Altstadt und Neustadt. Nach der Fertigstellung des Birecik-Staudamms am Euphrat im Jahr 2000 wurden die Altstadt, die Häuser der Bauern, die Bäume, die Moschee usw. überflutet. Deshalb mussten die Bewohner von Halfeti in die etwa 15 Kilometer entfernte neue Stadt umziehen, die Neue Halfeti genannt wird. Die überflutete – ursprüngliche – Stadt Halfeti wird heute als Alte Halfeti bezeichnet.
Halfeti Sehenswürdigkeiten
Die versunkene Stadt Halfeti (auch bekannt als „verstecktes Paradies“ und „verlorene Stadt“) ist inzwischen ein beliebtes Reiseziel bei vielen in- und ausländische Touristen. Das liegt auch an der in Halfeti gedrehten TV-Serie „Karagül“, benannt nach der für Halfeti bekannten schwarzen Rose. Es ist weltweit der einzige Ort, an dem diese Rose in der Natur auftritt.
Halfeti Bootstour
Für einen guten Rundumblick eignet sich eine Bootstour super. Es gibt mehrere Dutzend Boote in verschiedenen Größen, die in etwa einer Stunde an den schönsten Orten vorbeifahren. Bei einer Bootstour kann man die halb versunkenen Steinhäuser, Bäume, Minarette der Moschee, Überreste der alten Burg und des Palastes und andere historische Denkmäler über und unter Wasser sehen. Auch von der 135 Meter langen Hängebrücke über dem Halfeti Staudamm kann man einen einzigartigen Blick auf die Stadt genießen.
So fährt man an der „Kiz Magrasi“ (die Mädchenhöhe) vorbei. Es gibt mehrere Legenden über die Höhle des Mädchens. Die im Volk am meisten akzeptierte ist wie folgt: der damalige König hatte eine schöne Tochter. Sie verliebte sich in jemanden, der dem König nicht gefiel. Er war absolut gegen diese Liebe und sperrte seine Tochter in dieser Höhle weg, um die beiden Verliebten voneinander zu trennen.
Die versunkene Moschee
Das Highlight für mich aber war definitiv die versunkene Moschee. Die Ulu Cami wurde im Jahre 1807 vom armenischen Steinmeistern gebaut und ist auch ein Symbol für eine Zeit, als unterschiedliche Völker und Religionen friedlich miteinander lebten. Von der Mosche ist nur noch die Minarette über Wasser. Hier machen die meisten Boote auch eine kurze Pause, so dass man rausgehen und sich die Gegend von einer erhöhten Position anschauen kann.
Nach der Bootsfahrt geht es wieder mit dem Auto weiter Richtung der Halfeti Hängebrücke. Sie bietet eine wunderbare Aussicht auf den Euphrat und ist dank schicker Beleuchtung auch in den Abendstunden eine Augenweide.
Essen in der versunkenen Stadt
In den kleinen Restaurants rund um den See kannst du die lokale Küche genießen, besonders den Halfeti Kebab mit Auberginen oder den Sabut Fisch vom Grill. Man kann auch türkischen Tee oder Kaffee in den Teegärten rund um das Dorf oder im 200 Jahre alten Kanneci Herrenhaus genießen. Weitere interessante Dörfer, die du besuchen kannst, sind Savasan (oder Batikkoy), Rumkale und Beresul. Nicht weit von Halfeti entfernt liegen auch die Stadt Gaziantep und die Zeugma-Stätte, die du besuchen kannst.
Kleiner Tipp: In der Gegend gibt es sehr viele Pistazienbäume. Einfach mal anhalten und frische Pistazien probieren – schmecken wirklich lecker!
Zudem ist Halfeti eine von 11 türkischen Städten, welche den Titel Cittaslow „langsame Stadt“ tragen. Es ist eine Bewegung, die 1999 in Italien gegründet wurde und weltweit etwa 211 Städte umfasst.
Halfeti cittaslow
Im Jahr 2013 wurde die Stadt wegen ihrer Ausgeglichenheit Mitglied der „Citta‘ Slow“, also der langsamen Stadt. cittaslow – das internationale Netzwerk lebenswerter Städte pflegt die überlieferten Traditionen und steht für Innovation. Es ist ein internationaler Titel, der Kleinstädten mit weniger als 50.000 Einwohnern verliehen wird und sich auf die Förderung von Traditionen, der Küche, der Natur und anderer Merkmale konzentriert, um die lokalen Selbstverwaltungen zu unterstützen.
Schwarze Rosen
Karagül (türkisch für schwarze Rose) ist eines der Wahrzeichen von Halfeti. Denn diese einzigartige, schwarze Rose wächst in der Farbe nur in der türkischen Stadt. Die schwarze Rose, die nur in der Türkei vorkommt und im Bezirk Halfeti in der südöstlichen Provinz Şanlıurfa wächst, ist für ihre Blütenblätter bekannt, die im März-April und im Oktober-November einen pechschwarzen Farbton annehmen. In den anderen Jahreszeiten ändert sich ihr Farbton ein wenig und geht in Richtung dunkelrot.
Und sie wird nur hier schwarz! Selbst wenn man die Rose irgendwo anders pflanzt, werden die Rosenblätter nur dunkelrot. Wahrscheinlich machen die Umweltumstände und die besondere Erde die Rose zu einer schwarzen Rose.
Halfeti-Rosen sind die einzigen natürlichen schwarzen Rosen, die es gibt. Das liegt daran, dass der Boden ganz besondere Eigenschaften hat: Er hat eine hohe Nährstoffdichte und beinhaltet außerdem das wasserlösliche Pigment namens Anthocyane. Anthocyane sind für die dunkle Farbe bekannter Früchte wie Himbeeren oder Heidelbeeren verantwortlich. Und eben auch für die schönen schwarzen Rosen.
Die schwarzen Rosen gehören zu den auffälligsten Blumen der Welt. Die Farbe Schwarz wird seit jeher mit dem Tod, dem Negativen, der Traurigkeit und der Trauer in Verbindung gebracht. Die Tatsache, dass eine lebende Pflanze Blüten mit einer so dunklen Farbe hervorbringen kann, ist daher etwas Unglaubliches.